Nachgefragt: Das Projekt EWG
Antworten auf häufig gestellte Fragen
Wie lange sprudelt die Geothermie-Quelle Laufzorn?
Die älteste Geothermiequelle der Welt liefert Wärme seit 1904 (!). Zur Stromerzeugung wurde die Geothermie zum ersten Mal in Larderello in der Toskana eingesetzt. Seinerzeit baute dort Graf Piero Ginori Conti ein Kraftwerk, in dem wasserdampfbetriebene Turbinen 220 kW elektrische Leistung erzeugten. Heute werden dort 400 MW Strom in Italiens Energienetz eingespeist.
Das heiße Wasser 4.000 Meter unter Laufzorn wird ja nicht entnommen, sondern gibt nur seine Wärme ab und wird dann wieder in den Boden geleitet. Dort unten erwärmt es sich dann wieder und steht erneut für unsere Wärmeversorgung zur Verfügung. Ein unerschöpflicher Wasserkreislauf, der uns unabhängig macht von fossilen Energieträgern.
Besteht die Möglichkeit, dass sich die benachbarten Geothermie-Projekte Pullach, Laufzorn, Unterhaching und Taufkirchen gegenseitig beeinflussen?
Die Genehmigung zur Bohrung und, nach Fündigkeit, zum Betrieb eines Geothermie-Heizwerks erteilt das Bergamt Südbayern unter klaren Vorgaben. Eine davon betrifft die Abstände der Claims zueinander, eine andere die Menge des für die Wärmeerzeugung zirkulierenden Wassers. Grundanliegen des bei der Regierung von Oberbayern angesiedelten Bergamtes ist es, dass sich die Claims nicht ins Gehege kommen — dass also parallel eine effiziente und im wahrsten Sinne des Wortes ergiebige Wärmeversorgung aus Geothermie gewährleistet ist. Auf Dauer regenerativ eben!
Können Bohrung und Betrieb der Quelle Erdbeben auslösen?
Die geologischen Strukturen im oberbayerischen Malmkarst schließen dies grundsätzlich aus. Die in Oberbayern regelmäßig auftretenden Mikrobeben — vom Seismographen festgehalten, vom Menschen in aller Regel nicht spürbar - sind natürlichen Ursprungs; sie können durch Geothermiebohrungen nicht beeinflusst werden.
Wie funktioniert Wärmeerzeugung aus Geothermie?
Das Prinzip ist denkbar einfach: Das heiße Wasser aus der Tiefe holen wir mit Pumpentechnik nach oben. Dort gibt es seine Wärme an das Wasser im Fernwärmenetz ab und wird dann abgekühlt wieder in den Boden geleitet. Das erwärmte Wasser im Fernwärmenetz seinerseits fließt, durch Pumpentechnik angetrieben, im Vorlaufrohr bei Ihnen vorbei, gibt dort seine Wärme an Ihren Heizkreislauf ab und strömt abgekühlt ins Rücklaufrohr zurück. Die Wärmeübergabe im Geothermie-Heizwerk Laufzorn wie auch bei Ihnen im Heizungskeller übernehmen Wärmetauscher.
Das Vorlauf-Rücklauf-Prinzip erinnert ein bisschen an unseren Blutkreislauf — in der Lunge mit Sauerstoff angereichertes Blut fließt durch unseren Körper, gibt in den Zellen seinen Sauerstoff ab und fließt durch die Venen zurück. In der Lunge wird erneut Sauerstoff „aufgeladen“, und - durch den Herzmuskel angetrieben - beginnt der Kreislauf wieder von vorne.
So spielen sich drei Wasserkreisläufe im wahrsten Sinne des Wortes die Wärme zu: der Wasserkreislauf aus Produktions- und Reinjektionsbohrung in Laufzorn, der Wasserkreislauf aus Vorlauf- und Rücklaufrohr im Fernwärmenetz und der Wasserkreislauf Ihres Heizungssystems. Ganz nach dem Motto „Heiß hin, kühl zurück“.
Dass hinter diesem einfachen Grundprinzip modernste Hochtechnologie steckt, versteht sich von selbst.
Nach welchen Kriterien erfolgt die Bestimmung der Nachverdichtungsgebiete?
Die Entscheidung über die Nachverdichtungsgebiete obliegt dem Gemeinderat. Die drei wichtigsten Kriterien sind die technische Realisierbarkeit, die mögliche Anschlussdichte und die Sicherstellung eines annehmbaren Verkehrsflusses während der Arbeiten.
Sollen alle Gemeindeteile in Grünwald dauerhaft an die Versorgung angeschlossen werden?
Von abgelegenen Teilen der Gemeinde wie Oberdill oder Wörnbrunn abgesehen — ja.
Die Hausanschlüsse ans Fernwärmenetz werden nach dem „Schritt-für-Schritt-Prinzip“ verlegt: Die Haupttrasse ist seit Ende 2012 verlegt, die Nachverdichtung hat bereits im Herbst 2011 begonnen. Jedes Jahr kommen neue Straßen hinzu. Dieses koordinierte Vorgehen stellt sicher, dass der Verkehrsfluss in der Gemeinde trotz der parallelen Rohrverlegearbeiten gewährleistet ist. Das „Schritt-für-Schritt-Prinzip“ der Nachverdichtung sorgt für ein koordiniertes Wachsen des Netzes.
Gibt es noch weitere Abnehmer für die Erdwärme außerhalb Grünwalds?
Ja.
Im Rahmen eines einzigartigen kommunalen Verbundprojekts mit der Nachbargemeinde Unterhaching fließt seit 11. April 2013 geothermisch erzeugte Wärme aus der Quelle Laufzorn nach Unterhaching. Die Geothermie Unterhaching GmbH & Co KG (GUH) nutzt diese Wärme der Erdwärme Grünwald GmbH (EWG) direkt für ihre Kunden oder macht Strom daraus. Per Leitung verbunden sind die beiden Geothermie-Bohrstellen in Laufzorn und Unterhaching seit Ende 2012, die Pumpen und Wärmetauscher sind seit April 2013 einsatzbereit.
Über die 5,3 km lange Verbundtrasse, die die EWG in gerade einmal sechs Monaten durch den Grünwalder und Perlacher Forst legte, kann eine Wärmeleistung von bis zu 20 MW bereitgestellt werden. Möglich wird der in dieser Form einzigartige Wärmetransfer durch modernste Technologien auf beiden Seiten: bi-direktionale Wärmetauscher von Sondex sowie Pumpen für die Thermalwasserförderung von Baker Hughes. Den Betrieb managt auf beiden Seiten die Energiecontracting Heidelberg GmbH.
Von dem Wärmeverbund profitieren beide Geothermie-Gesellschaften und damit beide Gemeinden — denn Grünwald lastet seine Bohrung aus, und Unterhaching deckt seinen Energiebedarf für das Kalina-Stromkraftwerk. Außerdem plant die GUH, im nächsten Winter aus der EWG-Wärme bei Bedarf auch die Spitzenlast für die Unterhachinger Fernwärme zu machen.
Zudem liefern sich EWG und GUH jetzt im Bedarfsfall CO2-freie Wärme aus Geothermie — diese Redundanz fließt, wenn z.B. Wartungsarbeiten an der Förderbohrung oder an der Obertageanlage anstehen. Bisher mussten Grünwald und Unterhaching ihre Wärmeerzeugung dann kurzzeitig auf Öl umstellen. Das war nicht regenerativ und kostspielig dazu.
Bohrplatz, Geothermie-Heizwerk und geplantes ORC-Stromkraftwerk in Laufzorn liegen ja auf dem Gebiet unserer Nachbargemeinde Oberhaching. Mit der Gemeinde Oberhaching haben wir bereits früh eine Vereinbarung getroffen, bei Bedarf Wärme für Oberhaching zur Verfügung zu stellen. Das Oberhachinger Fernwärmenetz plant und betreibt Oberhaching in eigener Regie.
Wenn ich mich ans EWG-Fernwärmenetz anschließe — darf ich dann meinen Wärmebedarf weiterhin auch über meine Solarthermieanlage oder meinen Holz-/Kchelofen decken?
Selbstverständlich — bestehende regenerative Energiequellen dürfen Sie natürlich weiterverwenden.
Reicht das Thermalwasser aus Laufzorn aus, um alle Grünwalder anzuschließen, die sich gerne anschließen möchten?
Ja.
Das EWG-Projekt ist wärmegeführt. Erste Priorität zur Auslastung der Quelle ist die Versorgung der Grünwalder Haushalte, Unternehmen und Institutionen mit Wärme.
Die darüber hinaus zur Verfügung stehenden Kapazitäten fließen — seit 11. April 2013 — in den Wärmeverbund mit Unterhaching und, ab Fertigstellung des Stromkraftwerks Laufzorn, als „grüner Strom“ auch ins Stromnetz. Gerade in den Sommermonaten, wenn deutlich weniger Wärme gebraucht wird, ist die geothermische Stromerzeugung eine hervorragende Ergänzung zur Auslastung der Quelle Laufzorn.
Geothermie ist grundlastfähig. An besonders kalten Wintertagen werden wir durch eine Spitzenlastfeuerung fossil zuheizen. Dafür stehen in Laufzorn wie auch auf dem Gelände der Bavaria Film Redundanz-Ölkessel bereit.
Besteht ein Anschlusszwang?
Nein — selbstverständlich nicht.
Jeder Grünwalder Haushalt, jedes Unternehmen, jede Institution entscheidet selbst, ob und wann sie sich an die geothermische Fernwärme anschließen. Ein Anschlusszwang besteht weder für Neubaugebiete noch für bestehende Gebäude.
Die Gespräche mit Bürgerinnen und Bürgern sowie Grünwalder Unternehmen zeigen dauerhaft eine hohe Anschlussbereitschaft. Nach dem Schritt-für-Schritt-Prinzip werden wir das Fernwärmenetz ausbauen und die Grünwalder Haushalte und Unternehmen nach und nach anschließen.
Kommt das Thermalwasser in mein Haus?
Nein.
Das Wasser selbst kommt nicht zu Ihnen — es gibt nur seine Wärme bei Ihnen ab.
Und das funktioniert so: Das aus dem Boden geförderte Thermalwasser gibt seine Wärme in der Energiezentrale in Laufzorn über einen Wärmetauscher ans Wasser im Fernwärmenetz ab. Nach seiner Abkühlung wird es sofort wieder in den Untergrund reinjiziert. Das Wasser im Fernwärmenetz - normales, kalkreduziertes Leitungswasser — gibt seine Wärme in Ihrem Heizungskeller über die sogenannte Wärmeübergabestation an den Heizkreislauf Ihres Hauses ab. Auch in diesem fließt normales Leitungswasser.
Wo ist genau die Eigentums-Schnittstelle zwischen EWG und Hauseigentümer?
Die Wärmeübergabestation in Ihrem Heizungskeller gehört der EWG. Das bedeutet auch, dass mögliche Wartungsarbeiten an Ihrer Wärmeübergabestation im Erfüllungsbereich der EWG liegen. Alle Rohre, Heizkörper und Anlagenteile Ihrer Heizanlage sind Ihr Eigentum.
Unterschieden wird dies auch mit dem Begriffspaar „primär- und sekundärseitig“. Primärseitige Anlagenteile sind im Eigentum und Erfüllungsbereich der EWG: das Fernwärmenetz, die Rohrleitungen von der Haupttrasse bis zu Ihrem Heizungskeller, die Wärmeübergabestation, auch Hausanschlussstation (HAST) genannt, die zentrale Steuerung.
Sekundärseitige Anlagenteile sind in Ihrem Eigentum und Erfüllungsbereich. Dazu zählen alle Heizungsrohre, Heizkörper und Anlagenteile Ihrer Heizanlage in Ihrem Haus.
Wer ist verantwortlich, wenn Ihre Heizung mal ausfällt?
Ist die Primärseite betroffen, sind wir verantwortlich. Wir haben zentralen Zugriff auf alle Hausanschlussstationen und zusätzlich einen Rund-um-die-Uhr-Service eingerichtet, sieben Tage die Woche, 365 Tage im Jahr.
Ist die Sekundärseite betroffen, rufen Sie am besten sofort Ihren Heizungsbauer an.
Selbstverständlich stimmen wir uns „im Falle dass“ eng mit Ihrem Heizungsbauer ab.
Wie lange dauern die Arbeiten für einen Hausanschluss?
Das hängt von zwei Kriterien ab: zum einen von der Länge der Hausanschlussleitung, derjenigen Leitung also, die von der Haupttrasse bis zu Ihrem Heizungskeller führt, zum anderen von der Größe Ihrer Anlagen. Eine kleinere Anlage für ein Haus, das nah an der Haupttrasse liegt, kann in ein, zwei Wochen fertig gestellt sein. Größere Anlagen mit längerer Hausanschlussleitung können auch mehrere Wochen dauern.
Kann ich mich auch schon jetzt "prophylaktisch" anschließen lassen, auch wenn ich erst in einigen Jahren von meiner Öl- oder Gasheizung auf Fernwärme wechsle?
Die Vorverlegung des Fernwärmeanschlusses wird bei der EWG als sinnvolle Möglichkeit zur Anbindung weiterer Kunden diskutiert. Der Geothermieausschuss wird sich damit in seiner nächsten Sitzung beschäftigen, wie hier eine angemessene Lösung aussehen kann.
Werden wir in Grünwald mit der Geothermie auch Strom erzeugen?
Ja.
Der Gemeinderat hat 2011 einstimmig entschieden, dass zur Auslastung der Quelle Laufzorn ein Stromkraftwerk errichtet wird — auf Basis der markterprobten ORC (Organic Rankine Cycle)-Technologie, die seit vielen Jahren weltweit für die Verstromung bei Geothermie-Projekten eingesetzt wird.
Werden die Grünwalder Straßen, die wegen der Erdwärme aufgegraben wurden, wieder in einen guten Zustand gebracht, also neu asphaltiert, und wenn ja, wann?
Ja - im Folgejahr der Grabung. Weil erst die restlichen Hausanschlüsse und mögliche Setzungen im Erdreich und im Sandbett der Rohrleitungen abgewartet werden müssen, ehe der Straßenbaukörper saniert wird. Die EWG greift hier auf langjährige Erfahrungen der Tiefbauabteilung der Gemeinde Grünwald zurück.
Wie viele Bürger müssen sich ungefähr anschließen lassen,
damit das Projekt eine positive Bilanz aufweisen kann?
Bereits nach zwei Jahren ist die Quelle Laufzorn zu 52% ausgelastet, Tendenz steigend. Hinzu kommt die geplante Stromerzeugung ab voraussichtlich Ende 2014. Bereits 2015 werden gemäß Wirtschaftsplan die Einnahmen der EWG die Ausgaben übersteigen. Die Amortisation der Investitionskosten ist — im Gegensatz zu einem Unternehmen der Privatwirtschaft - NICHT die erste Priorität des EWG-Projektes. Im Vordergrund steht die Versorgungssicherheit für Bürgerinnen, Bürger, Unternehmen und Institutionen in Grünwald.
Wie viel kW Strom wird das geplante Stromkraftwerk in Laufzorn voraussichtlich jährlich, wenn alles gut läuft, produzieren?
ca. 25.000 MWh